Mit der stetig steigenden Lebenserwartung nimmt auch die Zahl von Personen mit chronischen Krankheiten, Abwehrschwäche und Behinderungen mit den Folgen von Multimorbidität und Pflegebedürftigkeit zu.
Die mit der Gesundheitsstrukturreform zudem einhergehende frühere Verlegung noch betreuungsbedürftiger Personen aus Einrichtungen der Akutversorgung in Nachsorgeeinrichtungen, Heime oder nach Hause hat es notwendig erscheinen lassen, für diese Personengruppen vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Qualifikationen der Betreuer (Ärzte, Kranken- und Altenpflegepersonal, angelerntes Personal) wie auch unterschiedlicher Betreuungsorte (Langzeitpflege, Altenheime, häusliche Pflege, betreutes Wohnen), dieser Entwicklung durch eine eigene Darstellung der infektionspräventiven Erfordernisse Rechnung zu tragen.
Das Infektionsrisiko bei der Betreuung alter und pflegebedürftiger Menschen wird maßgeblich von der Abwehrsituation und den erforderlichen pflegerischen, medizinischen und hygienischen Maßnahmen bestimmt. Ursachen für ein erhöhtes Infektionsrisiko können z. B. chronische Erkrankungen (wie Diabetes mellitus), funktionelle Einschränkungen, Immobilität, Wunden (z. B. Decubitus) oder Bewusstseinstrübung (einschließlich Schluckstörung) sein.
Aber auch spezielle altersspezifische Aspekte müssen im Hinblick auf ein Infektionsrisiko im persönlichen Hygienemanagement hinreichend berücksichtigt werden. So ist beispielsweise eine strukturierte Mundhygiene mit regelmäßigem Zähneputzen und Prothesenpflege die Voraussetzung zur Karies-, Gingivitis- und Parodontitisprophylaxe mit Erhalt der physiologischen Mundhöhlenflora. Dadurch wird dem Risiko von Infektionen in der Mundhöhle einschließlich davon ausgehender weiterer Infektionen (z. B. Pneumonie, Endokarditis) entgegengewirkt.
Die Anforderungen an die Infektionsprävention unterscheiden sich auch in Abhängigkeit von der Art der Betreuung, wobei sich im Rahmen einer allgemeinen Zuordnung Risiken in erster Annäherung in solche bei „überwiegend sozialer Betreuung“ und solche bei „überwiegend pflegerischer Betreuung“ (Behandlungspflege) einteilen lassen. Gemeinsam ist den Einrichtungen, dass sich einige der dort lebenden Personen mehr oder weniger selbstständig versorgen können und im Allgemeinen mobil und nicht vorwiegend bettlägerig sind (überwiegend soziale Betreuung), während andere Bewohner eine dauernde, schwerwiegende individuelle Beeinträchtigung haben, die kontinuierliche Pflege und Behandlung erfordern (überwiegend pflegerische Betreuung, Behandlungspflege).
Bei diesen Bewohnern sind Infektionen nicht selten und können sowohl endemisch als auch epidemisch als Ausbrüche, auftreten. Deshalb ist gerade auch vor dem Hintergrund der persönlichen Hausarztwahl ein einheitlicher Standard insbesondere für die Maßnahmen erforderlich, die mit einem erhöhten Infektionsrisiko oder epidemischem Potenzial assoziiert sind. Auch bei der ambulanten Betreuung pflegebedürftiger Menschen müssen Hygienestandards unter Berücksichtigung der individuellen Situation eingehalten werden. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Sachverstand. Die Unterbringung in Gemeinschaftseinrichtungen erhöht das Risiko von Infektionsübertragungen.
Grundlegende Hygienemaßnahmen
Händehygiene
Die führende Rolle der Hände des Personals bei der Übertragung von Infektionserregern ist unbestritten. Demzufolge gilt die Händehygiene übereinstimmend als die entscheidende Maßnahme der Infektionsprävention. Im Rahmen des heiminternen Qualitätsmanagements ist sicherzustellen, dass bei allen pflegerischen Maßnahmen Möglichkeiten zur hygienischen Händedesinfektion gegeben sind.
Für die Händehygiene gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie im Krankenhaus. Die „hygienische Händedesinfektion“ ist insbesondere in folgenden Situationen erforderlich:
Schutzkleidung
Schutzkleidung im Sinne der TRBA 250 ist jede Kleidung, die dazu bestimmt ist, Beschäftigte vor schädigenden Einwirkungen bei der Arbeit oder deren Arbeits- oder Privatkleidung vor der Kontamination durch biologische Arbeitsstoffe zu schützen und muss dem Personal zur Verfügung gestellt werden. Durch Schutzkleidung (z. B. Überkittel, Handschuhe und Mund-Nasen-Schutz) soll außerdem eine Weiterverbreitung von Krankheitserregern vermieden werden. Die Auswahl der Schutzkleidung richtet sich nach:
Daraus ergeben sich für die Schutzkleidung folgende Empfehlungen:
In diesen Fällen ist die Schutzkleidung bewohnerbezogen zu verwenden.
Aufbereitung von Medizinprodukten (MP) und Pflegeartikeln
Gemäß Medizinproduktegesetz (MPG) und Medizinprodukte-Betreiberverordnung ist die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird.
Aus diesem Grund ist für diese Medizinprodukte eine detaillierte Aufbereitungsvorschrift mit Festlegung von Verantwortlichkeit und Verfahrenskontrollen zu erarbeiten.
Pflegeartikel
Je nach Einrichtung und Bewohner können bestimmte, insbesondere nicht personengebundene Pflegeartikel (z. B. Pediküre-, Maniküreset, Rasierapparat), zur Verbreitung von Krankheitserregern beitragen. Deshalb sind für die Maniküre und Pediküre bei jedem Bewohner ein eigenes Set zu verwenden oder geeignete Maßnahmen der Desinfektion zu ergreifen.
Wird die Hand- und Fußpflege von externen Dienstleistern durchgeführt, müssen für jeden Bewohner sachgerecht aufbereitete Instrumente verwendet werden. Auch elektrische Rasierapparate sollten bewohnerbezogen verwendet werden, andernfalls sind sie zwischen den Anwendungen hygienisch aufzubereiten.
Pflegegeschirr (Steckbecken/Urinflaschen etc.)
Für die Aufbereitung von Pflegegeschirr sind vor allem aus Gründen der Verfahrenssicherheit (validiertes und in regelmäßigen Abständen kontrolliertes Verfahren), der Arbeitserleichterung und des Personalschutzes Reinigungs-Desinfektions-Geräte (RDG) anstelle manueller Aufbereitung zu bevorzugen.
Waschschüsseln, Sitz-, Dusch- und Badewannen
Bei Bewohnern mit bekannten Infektionen bzw. einer Kolonisation mit Erregern mit speziellen Resistenzen oder Multiresistenzen mit Übertragungsrisiko (z. B. Durchfall, multiresistente Erreger) sind Badewannen oder Waschschüsseln, insbesondere bei nachfolgender Benutzung durch andere Bewohner, desinfizierend zu reinigen.
Zusätzlich sollte bei Bewohnern mit erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. nicht intakter Haut, Decubitus) sowohl vor als auch nach Benutzung eine desinfizierende Reinigung der Badewannen/Waschschüsseln durchgeführt werden.
Betten- und Wäscheaufbereitung
Obwohl in einigen Berichten auch Bettwäsche und der Umgang mit dieser als eine mögliche Quelle für die Verbreitung von Infektionserregern in Krankenhäusern angesehen wird, liegen für den Bereich der Heime diesbezüglich keine Erfahrungen vor.
Dennoch erscheint es sinnvoll, bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren eine desinfizierende Aufbereitung der Betten vorzunehmen. Die Aufbereitung von Matratzen wird erheblich erleichtert durch die Verwendung eines Schutzbezuges, der atmungsaktiv und desinfektionsmittelbeständig ist. Da die Bettwäsche in der Regel nicht bewohnerbezogen verwendet wird und eine Mischung der Wäsche während des Aufbereitungsprozesses stattfindet, muss ein desinfizierendes Verfahren gewählt werden (z. B. Kochwäsche oder Waschen bei 60°C und Verwendung eines desinfizierenden Waschmittels).
Bewohnereigene Wäsche (z. B. Kleidung) kann in der Regel wie Wäsche im Privathaushalt gewaschen werden. Während eines Ausbruchs von Erkrankungen mit Erregern, die durch Kontakt übertragen werden, sowie bei Personen mit bekannter MRSA-Kolonisation wird empfohlen, Leibwäsche, Handtücher und Waschlappen wie Bettwäsche der betroffenen Bewohner desinfizierend zu waschen.
Die Entsorgung der Wäsche erfolgt unmittelbar am Bett in geeignete Wäschesäcke, die bis zur endgültigen Entsorgung an einem dafür vorgesehenen Ort zwischengelagert werden können.
Flächenreinigung und Flächendesinfektion
Unter infektionspräventiven Gesichtspunkten müssen Flächen sauber und trocken sein. Reinigungsutensilien (z. B. Reinigungstücher, Wischmobs) müssen in ausreichender Zahl vorhanden sein, maschinell-thermisch aufbereitet und vollständig getrocknet werden, um eine Vermehrung und Verschleppung von Mikroorganismen zu vermeiden. Eine Flächendesinfektion kann in Einrichtungen der Altenpflege in besonderen Situationen angezeigt sein. Die Beseitigung grober Kontaminationen mit potenziell infektiösem Material soll beispielsweise immer unter Anwendung einer gezielten Desinfektion erfolgen. Details müssen im Hygieneplan unter Berücksichtigung der individuellen Wohnverhältnisse (z. B. privates Einzelzimmer) geregelt werden.
In Einrichtungen oder Bereichen, in denen überwiegend soziale Betreuung erfolgt, ist in der Regel eine routinemäßige Reinigung wie im Haushalt ausreichend. Gezielte Desinfektionsmaßnahmen können nach Kontaminationen mit potenziell infektiösem Material in Einzelfällen (z. B. bei Gefahr einer Infektionsübertragung) angebracht sein.
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